Bio-Landwirt Christian Reichle aus Ottobeuren liefert hofeigene Milch und Joghurt vom Biohof Böglins in die Region aus

Mit dem Abfüll-Hahn in der Hand beugt sich Christian Reichle (25) hinunter zu den Getränkekästen. Flasche für Flasche läuft nun voll – mit der schneeweißen
Bio-Milch seiner Weiderinder. Kaum ein Jahr ist vergangen, als der Junglandwirt aus dem Unterallgäu eine eigene Molkerei neben den Kuhstall erbaut hat. Und bereits
jetzt trägt sich der neue Betriebszweig des Biohof Böglins (made by Resi) selbst bzw. wirft schon erste Gewinne ab. Zusätzlich war Christian Reichle nun Finalist in der Kategorie Junglandwirt des Jahres beim CeresAward 2022 von agrarheute. Mut, Umsicht, Professionalität und diese ansteckende Begeisterung für Milch und Tier haben den 25-Jährigen hierhergebracht.

Alle Glasflaschen mit dem eigenen Logo-Aufdruck sind befüllt, nun kommt der weiße Deckel drauf, bevor Christian Reichle die vollen Kästen durch die hintere Türe schiebt. Von hier aus wird ausgeliefert. Der umgebaute und auffällig folierte Kühl-Caddy steht immer bereit, zahlreiche Kunden in Ottobeuren und Umgebung erwarten ihre wöchentliche Milch- und Joghurt-Lieferung. »Echt top, wie schnell unser Direktvermarktungsangebot von den Leuten angenommen wurde«, sagt der 25-Jährige. Mit so einer Nachfrage habe er nicht rechnen können.

Christian Reichle Ottobeuren Biohof Böglins Ceres Award
Christian Reichle war Finalist in der Kategorie „Junglandwirt des Jahres“ beim CeresAward 2022 in Berlin

Die Idee für die Hofmolkerei kam ihm 2018 während der Ausbildung an der Landwirtschaftsschule. Ausgearbeitet hat er das Betriebskonzept während der Meisterschule – und auch bereits erste Pläne in die Tat umgesetzt. Seither hat sich nicht nur das optische Erscheinungsbild des Familienbetriebs im kleinen Weiler Böglins durch den neugepflasterten Hof und das ansprechende Molkereigebäude mit einem Dachstuhl aus hofeigenem Holz verändert. Auch hinter den Kulissen tut sich was.

Zusammen mit Vater Johann und mit Bruder Andreas kümmert sich Hofnachfolger Christian Reichle um 65 Stück Braunvieh. Mit der sogenannten Low-Input-Strategie – also wenig Leistungsfutter, dafür solide Milchleistung – streben die Landwirte nach vitalen und langlebigen Tieren. Der Einsatz von Mikroorganismen und Homöopathie ist mittlerweile obligatorisch. »Aktuell machen wir einen Test mit Güllefliegen im Stall. Diese Fliegen fressen die Larven der Stallfliegen. Gleichzeitig bleiben die Güllefliegen eher am Boden und sind bei weitem nicht so lästig für unsere Kühe.«

Bio aus Überzeugung

Gut die Hälfte des Jahres verbringen die Rinder, die die feine Milch für die Molkerei liefern, aber ohnehin draußen auf den saftigen Weiden rund um Böglins. Das Jungvieh verbringt außerdem 100 Tage Urlaub pro Jahr auf der Alm in Steibis bei Oberstaufen. Die Gülle zur Düngung der Außenflächen wird mit Leonardit und Gesteinsmehl angereichert – für weniger Gestank und glücklichere Anwohner.

Landwirte und Verbraucher zusammenbringen; für ein respektvolles Miteinander von Mensch, Tier und Erde – das ist das Motto von Christian Reichle. Transparenz und Offenheit
seien dabei unerlässlich. Aus diesem Grund ist der Junglandwirt von Anfang an mutig mit der neuen Marke Biohof Böglins und mit starkem Auftritt offline wie online – nach vorne
gegangen. »ich hab‘ nichts zu verbergen. Ich möchte den Leuten zeigen, wer ich bin und was ich hier auf dem Hof mache.« Christian Reichle erhofft sich dadurch Verständnis, Wertschätzung und schließlich auch Begeisterung für seine Arbeit und v.a. für die feinen Milchprodukte.

Christian Reichle Ottobeuren Biohof Böglins Ceres Award
Bunt und vielfältig: Die Fruchtjoghurts sind in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich

»Wer mag, kann ja auch herkommen und die Produkte direkt am Kühlschrank ab Hof kaufen.« Und sich dabei selbst einen Eindruck vor Ort verschaffen. Wer es lieber bequem hat, lässt Bio-Milch, Joghurt und auch Bio-Eier, die Christian Reichle von einem befreundeten Landwirt bezieht, an die Haustür oder einen vereinbarten Abstellort rund ums Haus bringen. »Auch hier kommt es zu Begegnungen und ich als Landwirt werde sichtbar«, stellt der Milchbauer fest. Nicht zuletzt sieht man den leuchtend gestalteten Caddy als wandelndes Werbemittel durch die Gegend fahren. »Mich kann man eigentlich nicht übersehen«, sagt er lachend.

Momentan im Sortiment: Bio-Frischmilch in der Flasche und Naturjoghurt im Glas sowie Fruchtjoghurts in verschiedenen Geschmacksrichtungen, z.B. Himbeere, Erdbeere
oder Holunder-Minze. »Das mache ich alles selbst«, verkündet der Junglandwirt. Den Vormittag über verbringt der er dann in seiner 120 qm großen Molkerei. Die eben gemolkene Milch läuft rein durch Gefälle zu ihm die Produktion – der pumpenlose Transport verhindert die Zerstörung der Fett-Moleküle. Für den vollen und unbedenklichen Genuss der Bio-Frischmilch wird diese schonend pasteurisiert, das geschieht mit modernen Wannenpasteuren. Diese wiederum werden mit Wärme aus der hofeigenen Hackschnitzelverbrennung betrieben; das Holz stammt aus den Wäldern ringsum.


Wichtig ist der Kreislauf


Gekühlt wird die Milch anschließend mittels eines Eiswasserbereiters, der wiederum mit Photovoltaikenergie vom Dach betrieben wird. Insgesamt ängen Pasteure, Heizung und
Kühlung in unserer Hofmolkerei in einem energieeffizienten Kreislauf zusammen. »Dieses Konzept haben wir zwar nicht selbst erfunden, aber für unseren Betrieb passend nachgebaut «, erklärt Christian Reichle. »Auf unserem Betrieb denken wir allgemein in Kreisläufen«. Alle Betriebszweige sollen sinnvoll ineinandergreifen, sodass keine Ressourcen verschwendet werden und keine Reststoffe oder Energie überschüssig bleibt. Diese Denkweise sei essentiell für einen modernen landwirtschaftlichen Betrieb, der nachhaltig und im Einklang mit der Natur wirtschaften will, findet Bio-Bauer Christian.

Die frische Bio-Milch ist sogleich fertig zum Abfüllen. Der Rahm, der sich bald bildet, ist ein Zeichen von natürlicher, hochwertiger Vollmilch und sollte vor Genuss weggeschüttelt werden. Für den Joghurt werden wiederum Milchsäurebakterien zugegeben, jedoch keine Verdickungsmittel oder Ähnliches. »Unser Joghurt ist deswegen dünnflüssiger als Herkömmlicher. Dafür ganz natürlich.« Und: eine Bio-Fruchtzubereitung darf je Sorte natürlich nicht fehlen. Pläne für die Zukunft Neue Geschmäcker und weitere Produkte in größeren Mengen sind geplant. Ein zweites Lieferfahrzeug ist bereits bestellt. »Das ist meine Zukunft und die Zukunft unseres Familienbetriebs. Wir wollen den Wert unserer guten Bio-Milch durch die Veredelung steigern und uns damit am regionalen Markt hervorheben.« Für den CeresAward 2022 hat sich der Unterallgäuer aus mehreren Gründen beworben. »Ich bin am Austausch mit Berufskollegen interessiert und möchte mein Netzwerk erweitern«. Eine gewisse Anerkennung einer Fachjury wäre außerdem motivierend und bestätigend für sein bisheriges Handeln auf dem Familienbetrieb.

Christian Reichle Ottobeuren Biohof Böglins Ceres Award

Zunächst hatte Christian Reichle eine Ausbildung zum Zimmerer absolviert, welche ihm auch in der Landwirtschaft immer wieder eine Hilfe ist. Dann aber hat der junge Mann erkannt: »Es macht mir einfach Spaß, im Einklang mit der Natur und mit unseren Tieren hochwertige Lebensmittel herstellen zu können, die den Menschen schmecken und Ihnen guttun. « Und genau diese regelmäßigen Rückmeldungen – dass seine Milchprodukte so hervorragend schmecken und die naturnahe Tierhaltung im Sinne der Leute ist – macht Christian Reichle stolz. »Für eine zukünftige regionale Selbstversorgung brauchen wir Wertschätzung für die Landwirtschaft und die regionale Lebensmittelerzeugung.«

CeresAward


Die Preisverleihung, organisiert von agrarheute, ist ein jährlicher Event, bei dem Landwirte aus dem deutschsprachigen Raum nach ihrer Bewerbung bewertet und besucht werden. Die besten drei jeder Kategorie ziehen ins große Finale im Herbst in Berlin ein. Die Sieger dürfen sich dann »Landwirt des Jahres« nennen, die Veranstaltung lebt neben der Titelvergabe aber v.a. vom Austausch unter den Mitwirkenden. Sponsoren sind u.a. die Deutsche Rentenbank, Lemken, Corteva, Einböck uvm.

Text & Fotos: Carolin Nuscheler